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1. Physiologische Funktion der Nierenersatztherapie und Grundanforderungen

Die nicht mehr ausreichende natürliche, das Blutvolumen regulierenden Funktion der Nieren des Patienten wird ersetzt durch Flüssigkeitsentzug aus dem Serum auf extrakorporalem Wege durch zyklische Behandlungen. Dabei wird nach dem Stand der Technik beim Hämodialyseverfahren das Blut des Patienten zur Behandlung extrakorporal über ein Schlauchsystem einem Dialysator zugeführt und dort durch ein Bündel Hohlfaser- oder Schichtmembranen geleitet, in dem dem Blut durch den Druckunterschied zur Membrangegenseite Wasser entzogen wird (Konvektion).
Entsprechend Membrandurchlässigkeit werden ebenfalls weitere niedermolekulare Stoffe (z.B. Elektrolyte Na+, K+) durch Konzentrationsdifferenzen ausgetauscht (Diffusion).
Ist die Hohlfaser von einer strömenden Spüllösung umgeben, muss der Elektrolytgehalt des Blutes gepuffert werden. Darüber hinaus kann er (im physiologischen Bereich) frei wählbar eingestellt werden, d.h. eine gewünschte Konzentration niedermolekularer Stoffe aufrechterhalten werden. Damit der Austausch angesichts der Verarmung dieser Stoffe längst der Strömungsrichtung effizient bleibt werden Blut und Dialysat im Gegenstrom aneinander vorbei geleitet.


Dementsprechend ergibt sich die in der folgenden Abbildung dargestellte funktionelle Struktur einer Hämodialysemaschine.

2. Abbildung: Funktionelle Struktur einer Hämodialysemaschine

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3. Subsysteme und Risikobeherrschung

Entsprechend der angegebenen Struktur sind zur Realisierung des Behandlungsverfahrens Subsysteme für folgende Funktionen zu entwerfen:
(1) extrakorporaler Bluttransport
(2) Hydrauliksystem zur Erzeugung eines definierten Fluss der die Membrangegenseite umgebenden Spüllösung (Nachschub ausdiffundierter Elektrolyte)
(3) Realisierung des für die Konvektion erforderlichen Druckunterschiedes bzw. ‚Zwangskonvektion‘
(5) Bereitstellung temperierter Spüllösung (Zulauf, aufheizen)
(4) Zumischung der Elektrolyte

Neben diesen Behandlungsspezifischen Funktionen sind weitere ‚infrastrukturellen' Charakters wie Diagnose- und Servicefunktionen zu realisieren. Alle genannten Funktionen müssen vom Bediener geschaltet bzw. eingestellt werden können, ebenso muss der Bediener über den Status der Funktionen informiert (bzw. alarmiert) werden (Bedienfunktion, HMI). Wichtig hierbei sind konsistente und weitgehend intuitiv erfassbare Bedienprinzipien (bzw. -algorithmen).

Die Funktionen werden realisiert durch funktionsspezifische Hardwarekomponenten in Einheit mit dem Steuerungssystem, die insgesamt in Einheit mit dem Galvaniksystem zusammenwirken.

Unabhängig von den 'betrieblichen' Anforderungen ist die grundlegendste Forderung an eine Dialysemaschine die Beherrschung einsatzspezifischer Risiken. Diese Forderung berührt die Gestaltung der Subsysteme, der Hardware-Details ebenso wie Steuerungsalgorithmen und nicht zuletzt den Entwicklungsprozess selbst.
Beispiele dafür sind etwa die physiologischer Anforderungen an Oberflächen, die unmittelbar mit dem Serum in Kontakt kommen (ausschließlich mit sterilen Oberflächen physiologisch unbedenklicher Materialien/Einwegartikel) sowie nach Keimfreiheit aller mittelbar, über die Spüllösung mit dem Serum in Kontakt kommenden Substanzen und Flächen. Das bedeutet neben Forderungen an die konstruktive Gestaltung auch die Erweiterung der Funktionalität, z.B. die behandlungsspezifischen Betriebsfunktionen durch Reproduktionsfunktionen zu ergänzen wie Desinfektion/Sterilisierung (und Entkalkung). Schließlich erwächst aus den Anforderungen zur Risikobeherrschung auch die Entwicklung unabhängiger neuer Systeme (Schutz-Systeme) wie z.B. die Überwachung des extrakorporalen Blutkreislaufs auf Lufteinschlüsse.

Auf Grund der komplexen Abhängigkeiten aller Lösungsbestandteile muss gefordert werden, dass alle Schritte des Entwicklunsprozesses in ihren Verflechtungen auf insbesondere für den Patienten entstehende Risiken überprüft werden (Erstfehlersicherheit, fail-safe-Verhalten, Schutzsysteme, die Unabhängigkeit redundanter Systeme etc.), dass also das Risikomanagement organischer Bestandteil des Entwicklungsprozesses wird. Das bedeutet natürlich zuerst, dass der Entwicklungsprozesses selbst in allen Schritten definiert werden muss.

4. Steuerung der Maschinenzustände

Das Steuerungssystem besteht aus einem Mehrprozessorsystem, proprietärem Betriebssystem incl. Kommunikationsinterfaces (asynchrone und synchrone serielle Übertragung) und ist als typisches ‚Embedded System‘ eingebettet in die Aktorik/Leistungselektronik und Sensorik/Messelektronik sowie die Kommunikationskanäle, gemeinsam mit der Stromversorgung eingebettet in das Galvaniksystem des Gerätes. Die auf dem Steuerungssystem laufende Applikationssoftware ist entsprechend der hierarchischen Funktionsstruktur organisiert; bis zur Treiberebene sind die Hauptfunktionen in Subfunktionen aufgegeliedert, die in objektorientierter Weise von 'abstrakten Klassen' abgeleitet sind.
Basis der Steuerungslogik sind Zustandsautomaten für die hierarchisch organisierten Funktionen (Behandlungszustand->Zustand Subsystem->Zustand Aktor etc.). Starten/Initialisierung der Subfunktionen erfolgt i.a. automatisch/implizit durch die jeweils übergeordneten Funktionen.
Die relevanten Zustände der Subsysteme sind vorzugsweise binär organisiert (z.B. Ablaufzustände: Initialisierung/Betrieb, Betriebs- und Alarmzustände, aktiv/inaktiv, Status Werte: gültig/ungültig, speziell Status Einstellwerte: bestätig/unbestätigt, Betriebsvarianten (Konzentrat/Kartusche, Hämodialyse/nur Ultrafiltration, Doppel/Single-Needle, Doppelpumpe/Single Pumpe, UF/TMP-Ctrl)).